Hausgarten im Lindquartier
Überzeugendes Frühwerk Fritz Haggenmachers

In eine Gartenanlage nahe des Kantonsspitals Winterthur ist die Erstellung eines Geburtshauses projektiert gewesen. Um die Auswirkungen des Neubaus auf den inventarisierten Garten gartendenkmalpflegerisch einschätzen zu können, waren wir von der Denkmalpflege eingeladen, das notwendige Gutachten zu erarbeiten. 

Es handelt sich um eine Villa der Architekten Ernst Jung und Otto Bridler, zu der nach 1900 ein kleiner Landschaftsgarten gehörte. Mehrere kleinere Gartenwege zweigten aus dem Hausplatz der Villa heraus, die in die Mitte der dreieckigen Parzelle gesetzt wurde. Ein immergrüner Koniferenkranz aus Fichte und Kiefer umgab den Garten, einzig um die Villa gegen die Stadt zu präsentieren, wurde die Baumhecke unterbrochen. Im Innern des Gartens fassten Kalksteine die Gartenwege, die gegen Osten hin Felsgrösse einnahmen. Im Jahr 1934/35 beauftragte die Tochter der Bauherrschaft Gartenarchitekt Fritz Haggenmacher, die südliche Gartenpartie zu modernisieren. Er erweiterte die Hausterrasse, fasste sie mit aufgehenden Natursteinmauern ein und legte in die Achse der Gartenveranda eine ausladende ovalförmige Treppe, die zum Rasen hinabführte. 

Haggenmachers Arbeit zeugt von der erlangten Reife in der Verwendung des Natursteins im Wohngartenstil. Davon legen der anspruchsvolle Zuschlag der ellipsoiden Sandsteinstufen wie die Steinbearbeitung sowohl der grossformatigen orthogonalen Wegplatten als auch der Mauersteine und Abdeckungen beredtes Zeugnis ab. In seinem Entwurf manifestiert sich früh Haggenmachers Arbeitsverständnis, das er 1949 wie folgt formulierte: «Der Traum eines jeden von uns ist der Hausgarten, und wenn sich dieser auch noch auf der gleichen Höhe wie das Wohngeschoss befindet, ist gleichzeitig ein weiterer Wunsch erfüllt, weil er dann zu einem Teil der Wohnung wird. Die Aufgabe des Gartenarchitekten besteht darin, die Intimität der häuslichen Note des Wohnzimmers [in den Garten] zu übertragen.»

Für Haggenmacher bedurfte es nur eines einzigen präzisen Kunstgriffs, um dem Garten ein klar umrissenes, prägnantes, räumlich gefasstes und selbsterklärendes Zentrum zu verleihen, das dem Landschaftsgarten fehlte. Der Gartenarchitekt erhob die Terrassenerweiterung zur neuen familiären Mitte des Villengartens und erfüllte auf diesen Weg eine der zentralen Forderungen der klassischen Gartenmoderne der zwanziger und dreissiger Jahre – die Verbindung und Vereinigung von Haus und Garten.

 

Auftraggeber / Bauherr

Denkmalpflege Stadt Winterthur

Projektdaten

2021: Expertise und Schutzempfehlung

Zusammenarbeit

BaUmsicht, Patrick Staffa, Baumbonitierung