Unikaler Villengarten in Seegemeinde
Transnationaler Gartenentwurf der 1960er-Jahre

Im Rahmen eines Rechtsverfahrens ist unser Büro von Eigentümerseite eingeladen gewesen, den von der kantonalen Denkmalkommission des Kantons Zürich KDK festgestellten Denkmalwert zu präzisieren. Zu begutachten war ein Garten von vollkommener Schönheit, getragen von einer weglosen Rasenfläche, die das Wohnhaus auf drei Seiten umgibt. Augenfälligster Merkpunkt des Gartens ist eine rund 100 – 130 Jahre alte Blutbuche am Eingang eines rund 80 Zentimeter unterhalb des Rasens gelegenen Sitzplatzes, zu dem ein sechsstufiger Treppenlauf in Ortbeton hinabführt. Rückwärtig schliesst ein Gehölz an, von wo ein Pfad durch ein immergrünes Gehölz leitet. Hecken und Mauern fassen die Liegenschaft allseitig. 

Um den Garten in seiner Bedeutung zu verstehen, ist der Blick zurück essentiell. Für die schweizerische Gartenkunst der 1960er-Jahre erwies sich die japanische, skandinavische und angelsächsische Gartenkunst als wegweisend. Deren Formstreben und Suche nach Reduktion und Abstraktion fanden in der Schweiz zunehmende Beachtung und Anerkennung. Den grossen Wunschtraum der Moderne von einem Leben in der Urnatur (Stoffler 2008, S. 231) befriedigte die kubische Architektur der aus den USA übernommenen Bungalowarchitektur, die in einer wilden und ungezähmten Natur zu stehen kam und zwischen Gewachsenem und Gebautem unterschied. Diese Vorbilder erlaubten es den Gartenarchitekten, den Garten vermehrt als kontrastreichen Hintergrund für die rationale und funktionale Architektursprache der Nachmoderne zu denken. Nicht mehr die traditionelle Idee von Farbe und Komposition sollten fortan den Gartenentwurf bestimmen, sondern Textur und Silhouette in Bepflanzung, Form, Modellierung, Stimmung und Nutzung des Gartens. 

Die Bedeutung, die dem untersuchten Garten zufällt und den die KDK zu Recht als regionales Gartendenkmal im Sinne des Kantonalzürcher Denkmalschutzes auswies, begründet sich in der geglückten Vereinigung internationaler, namentlich japanischer und skandinavischer Einflüsse mit dem Regionalismus traditionell gestalteter Gartenbereiche von Sitzplatz und Obstgarten. In der augenfälligen Leere des weglosen Gartenraums bietet einzig die opulente Krone der Blutbuche dem Auge Halt. Die Komposition von Linie (Horizont) und Punkt (Buche) erinnert in ihrer radikalen Reduktion an den Betrachtungsgarten der japanischen Gartenkunst der Muromachi-Zeit (14.-16.Jh). Das im Norden gelegene Wäldchen offenbart den skandinavischen Einfluss im Garten. Nordische Gartenkunst der Nachmoderne war von elementaren Einfachheit, die sich durch formale Strenge, Klarheit in der Linienführung und eine zurückhaltende und gezielte Verwendung von Pflanzen und Baumaterialien auszeichnete (Weilacher 1999, S. 175f.). Doch ging es ihr weniger um eine Reduktion, wie sie auf der Rasenterrasse zum Ausdruck kommt, sondern um die Hervorhebung der Schönheit natürlicher Landschaftsstrukturen, die man in Gärten und Parkanlagen zu übertragen suchte. Dies gelang, indem man Landschaftselemente stilisierte und auf wenige, prägnante Bestandteile konzentrierte.

The Japanese perception of beauty can be seen in the concepts of wabi (simple quietude) and sabi (elegant simplicity). [It] suggests a modest beauty striving for something closer to nature than nature itself. (Koji Yagi, 1982, S. 8) Die Quintessenz allen gartenarchitektonischen Kunstschaffens der sechziger Jahre offenbart sich im untersuchten Garten in unermesslicher Reinheit.

Auftraggeber / Bauherr

Privat 

Projektdaten

2020: Konkretisierung der behördlichen Schutzwertfeststellung