«Kleine Schanze» in Bern
Eine Promenadenanlage des 19. Jh. als Volkspark gedacht

Seit 2017 erarbeitet unser Büro das Parkpflege-werk und Entwicklungskonzept für die Parkanlage «Kleine Schanze» in Bern, welche sich beide momentan in der Vernehmlassung befinden.

Die Kleine Schanze ist der bedeutendste Rest der barocken Befestigungsanlage der Stadt Bern. Anfangs des 16. Jh. aufgeschüttet, wurde die Schanze 1818 entfestigt und in eine Promena-denanlage umgewandelt. 1874 gelangte die Bastion in das Eigentum der Einwohnergemeinde Bern. Auf Grundlage eines gemeinderätlichen Entscheids arbeitete Stadtinspektor Eugen Stettler einen Gartenplan aus. Dieser wurde dem auswärtigen Kunstgärtner Rudolf Göthe vorgelegt, damit dieser die Bepflanzung bestimmen konnte. Göthe entwickelte einen Gegenentwurf, der wider Erwarten vom Gemeinderat angenommen wurde. Weil Göthe die Planungen nicht mehr weiter verfolgen konnte, übertrug die Baukommission die Bepflanzung der Anlagen Ingenieur Philipp Gosset, Inhaber der Canadischen Baumschule in Wabern. Gosset setzte seinerseits einen eigenen Schwerpunkt, indem er die angelsächsische Idee des Volksparks in die Kleine Schanze übertrug. Alleine durch seine Bepflanzung schied er Bereiche aus, die besonnt oder schattig, ruhig oder lebendig und voller Bewegung sein sollten. Auch empfahl er, alle Rasenflächen betretbar zu machen, um dem Bedürfnis der städtischen Bevölkerung nach frei nutzbarem Spiel- und Bewegungsraum gerecht zu werden. Letzteres stand im diametralen Gegensatz zum bisherigen gesitteten Spazierengehen und Benutzen einiger weniger vorgesehener Vergnügungsplätze und liess sich nicht realisieren. Umsetzen konnte er jedoch den Entwurf einer künstlichen Kaskade im Nordhang des Schanzenhügels, von der er sich eine monumentale Wirkung versprach. Der Wasserfall war eine technische Innovation und die erste Anlage ihrer Art in der Schweiz.

Für das 1906 eingeweihte Weltpostdenkmal entwickelte der Genfer architecte-paysagiste Jules Allemand einen Platzentwurf, dessen strenge Symmetrie auf das im Zentrum stehende Monument verwies. In der Bepflanzung entschied sich Allemand für den gardenesken Stil, eine varietätenreiche Pflanzensammlung, deren Einzelpflanzen genügenden Raum zu ihrer Entwicklung erhielten. In den 1940er- und 1950er-Jahren erfolgten unter der Leitung der damaligen Stadtgärtner Christen und Liechti mehrere strukturelle Veränderungen. Dichte Gehölze wurden ausgelichtet, Wege aufgehoben oder im zeitgenössischen Geschmack überformt.

Die wohl grösste Überraschung war, dass die Parkanlage von beiden Planern – Göthe wie Gosset - als früher Volkspark konzipiert war. Die Ausweisung verschiedener Nutzungsbereiche unterschiedlicher Gestaltung und die Forderung nach frei betretbaren Rasenflächen zum ungezwungenen Kinderspiel und Körperertüchtigung der männlichen Jugend, erscheinen nicht nur aus heutiger Sicht bahnbrechend. Unser Leitbild ist deshalb von der Idee getragen, keiner Zeitschicht den Vorrang zu geben. Vielmehr ist zu prüfen, welche gewesenen und zukünftigen Interventionen aus unserer heutigen Sicht den Erwartungen und Ziele der Gründungszeit 1876 entsprechen. Gleichwohl wurde der unbestrittene Schutzwert der Anlage von unserer Seite differenziert betrachtet. Die Interventionen des 20. Jh. haben die bauzeitlichen Absichten in den Hintergrund treten lassen und sollten in Teilen zurückgebaut werden. So ging die angestrebte Monumentalität des einst als Landmarke in Erscheinung tretenden Schanzenhügels im dichten Buschwerk verloren. Kontrovers diskutiert wird die Öffnung der Anlagen gegen die Bundesgasse. Von unserer Seite wird eine neue Gartenarchitektur angestrebt, was jedoch eine gewünschte Rekonstruktion der Allemann’schen Partie ausgeschlossen hätte. Auch ist die Weiterverwendung einiger der einst geschätzten Exoten im Park in Frage gestellt, was dem Charakter und der Bedeutung der Parkanlage entgegensteht. 

Auftraggeber / Bauherr

Stadtgrün Bern 

Projektdaten

2015: Bauherrenberatung Instandsetzung Europapromenade.

seit 2017: Erarbeitung Parkpflegewerk und Entwicklungskonzept.