Spinnerei Neuthal ZH
Verifizierung Schutzwert Umgebungsgestaltung Museumsensemble

Ein im Jahr 1991 erarbeitetes Parkpflegewerk zu den Parkanlagen der Spinnerei Neuthal galt es zu verifizieren und aktualisieren. Die kantonale Denkmalpflege Zürich hat unser Büro beauftragt, das bestehende Gutachten inhaltlich zu überprüfen und eine Aussage zu jenen Freiräumen zu treffen, zu denen noch keine gartendenkmal-pflegerische Würdigung vorliegt. 

Nach Konsultation vorliegender wie neuer Quellen konnten die wesentlichen Erkenntnisse früherer Forschungsarbeiten zu den Parkanlagen konsolidiert werden. Für den Bau des Spinnereigebäudes im Jahr 1827 wurde der Wissembach umgelegt, das gewonnene Vorland als älteste Gartenanlage genutzt. In den 1840er-Jahren wird der sog. Untere Park erstellt, 1865 das Neu-Renaissance-Parterre des sog. Oberen Parks. Für den Entwurf des Parterres dürfte eine Musterzeichnung des späteren Zürcher Staatsbauinspektors Johann Caspar Wolff aus dem Jahr 1845 Pate gestanden haben. Bestandteil des Parterres ist eine, zeitgleich in den Felsen eingetriebene Nische in der Achse des Fabrikantenhauses. Neugotische Sgrafitto-Zeichnungen an der Rückwand der Nische (heute verloren) stellen dieselbe in zeitlichen Bezug zum neugotischen Werkstattgebäude (Bj. 1872).

Erst in den ausgehenden 1870er-Jahren werden die Parkanlagen ihren heutigen Flächenumfang erhalten. Die Felsennische wird in eine begehbare Grotte mit seitlichen Wasserfällen und Felsenwegen überführt, die ein künstlicher Bachlauf spiess. Eine Teichanlage, Nischengrotten, überbrückte Bachläufe, Pavillons und weitere Acessoirs vervollkommnen die Parkanlagen. 

Unsere Arbeit hält fest, dass auch die fliessenden Übergänge der an das Industrieensemble anstossenden Wiesenhänge wesentlicher Teil des landschaftsgärtnerischen Gesamtkonzeptes sind. Zum einen hat die Dokumentationsstelle der kantonalen Denkmalpflege im nochmaligen Studium aller Tagebücher des Spinnereibesitzers Adolf Guyer-Zeller nachweisen können, dass für die landschaftliche Einbettung der Spinnerei englische Industrieanlagen Vorbild standen. Sie sind für uns zum anderen aber auch Ausdruck des Guyer'schen Naturverständnisses. Für Guyer-Zeller erschloss sich die Schönheit von Natur und Landschaft erst durch des Menschen Werk. Naturschönheiten mussten durch den Menschen auserwählt und durch bauliche Massnahmen inszeniert sein. Seine in den 1890er-Jahren erstellten Spazierwege wie das 1901 in Betrieb genommene Eisenbahnviadukt sind darum primär als Beitrag der Landesverschönerung zu verstehen, mit denen Adolf Guyer die Schönheiten des Zürcher Oberlands zu inszenieren suchte.

Die grosse Parkgrotte mitsamt ihren seitlich fallenden Wasser wie die gartenkünstlerisch inszenierten Wasserläufe des Industrieensembles sind ihrerseits Ausdruck seine naturreligiösen Landschaftsbetrachtung und vor allem Erinnerungsträger seiner in den USA besuchten Wasserfälle des Minnehaha- und Niagaraflusses. 

 

Auftraggeber / Bauherr

Kantonale Denkmalpflege Zürich 

Projektdaten

2021/22: Parkpflegewerk