Fabrikantengarten in Uetikon a/See
Früher Architekturgarten der Gebrüder Mertens

Unser Büro wurde von privater Seite gebeten, einen Fabrikantengarten in der Gemeinde Uetikon am See (ZH) zu beurteilen. Der Garten ist Teil eines weitläufigen Industrieareals der Chemischen Fabrik Uertikon, deren Gründer die Bauherren von Villa und Garten waren. Den Unternehmern gehörten zahlreiche Ländereien und Häuser oberhalb der Fabrik. Es diente als Puffer gegen das Dorf, als Landreserve für die Fabrik und nicht zuletzt als begehrter Standort für drei gehobene Wohnhäuser für sich und leitende Angestellte der Fabrik.

Eine in 2013 vorgenommene Begehung ergab, dass sich der Garten im Wesentlichen im Originalzustand der Bauzeit von 1900/1914 befindet. Wohl für alle überraschend war, dass der heutige Garten den Gebrüdern Mertens zugeschrieben werden konnte. Mertens waren 1914 eingeladen, den überkommenen landschaftlichen Garten in einen Architekturgarten zu überführen. Diese Gestaltungsabsicht ist gartenkulturgeschichtlich als früh zu bezeichnen, da sich vor dem Ersten Weltkrieg der Architekturgarten in der Schweiz erst zu etablieren suchte. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Architektursprache des drei Jahre zuvor erstellten Geflügelhaus im Heimatschutzstil, ein sehr frühes und bemerkenswert schönes Gebäude der Reformbewegung. Bereits hier stellte sich die Bauherrschaft als fortschrittlich gesonnen vor, was sich 1914 im Garten abermals manifestieren sollte.

Bemerkenswert an der Umgestaltung ist das Zusammengehen des älteren Landschaftsgartens im Süden mit dem neuen, architektonisch geprägten Teil im Osten. Elemente und Ausstattungen beider Epochen blieben in ihrem baulichen Charakter einträchtig nebeneinander bestehen. Die Gebrüder Mertens konnten oder wollten nicht den gesamten Garten im neuen Gewande umformen, sie erachteten den hausnahen Bereich im Süden mit Alpinum und Blumenrondell als zeitgenössisch vertretbar. Hier liess sich ohne bauliche Massnahmen mit einer geänderten Bepflanzung bereits eine Änderung erwirken, die dem neuen Zeitgeschmack entgegenkam. Damit erwächst dem Garten zusätzliche Bedeutung, handelt es sich hier um einen Hausgarten in der Übergangszeit zwischen Tradition und Moderne.

Als ausserordentlich wertvoll ist die Einbettung der Liegenschaft in eine weitgehend unberührte Kulturlandschaft zu beurteilen. Die unbebaute Umgebung zeigt sich in einem land(wirt)schaftlichen Zustand, wie er seit dem Zeitpunkt des Kirchenbaus auf dem Hügel Bestand haben darf. Landschaftsräumlich und siedlungsgeschichtlich handelt es sich um einen Ort von hohem soziokulturellen wie ökologischen Wert. Die Hochstammwiesen unterhalb des Kirchenhügels und die landwirtschaftlichen Matten zeugen ihrerseits von den in den 1920er Jahren getragenen Idealen des Heimatschutzes. Sie stehen für die Gesinnung der damaligen Bauherren, das Kulturland spätestens seit 1900 der Überbauung zu entziehen.

Auftraggeber / Bauherr

Privat

Projektdaten

Untersuchung Herbst 2013