Volksschule Marzili Bern
Beredetes Zeugnis der Schulhausreform der 1930er-Jahre

Der Kanton Bern strebte 2009 mit dem Auszug der Pädagogischen Hochschule Bern eine Umnutzung ihres Areals an der Brückenstrasse zu Wohnzwecken an. Die Stadt begrüsste die Entwicklung des Areals, sie wusste aber auch, dass sich ihr die Chance bot, ihren eigenen Schulraumbedarf besser abzudecken. Die Stadt traf verschiedene Vorabklärungen und gab u.a. auch die Schutzwertbeurteilung von Schulgebäude und Aussenanlagen in Auftrag. Die Schutzabklärung erfolgte in Zusammenarbeit mit Karin Zaugg.

Unser Gutachten kam damals zum Schluss, dass die Schulhausanlage Marzilimoos in ihrer Gesamtheit schutzwürdig ist. Die Aussenanlagen entsprechen dem Gartenbauideal der vierziger Jahre und zeigen eine für die Deutschschweiz typische handwerkliche Gestaltung. Natursteinarbeiten und kleinteilige, differenzierte Gehölz- und Staudenpflanzungen bestimmen den Charakter der Schulanlage. Darüber hinaus steht das Marzili beispielhaft für die Öffnung des Gartens gegen die Landschaft. Die neuen Sportanlagen sollten in grossräumige Freiflächen eingebettet werden, während die Gestaltung der Pausenbereiche zurückhaltend erfolgte. Beides erlaubte eine zwanglose und durch Selbstverständlichkeit überzeugende Hinwendung der Schule zum angrenzenden Aareraum. 

Konzeptionell steht das Marzilimoos für die Schulreformbewegung der 1930er-Jahre. Eine neue Reformpädagogik verwarf die starren Kompositionsschemata des 19. Jahrhunderts im Aussenraum und suchte Alternativen zu den bisherigen Schulanlagen. Eine kindgerechte Aus­senanlage sollte das Bestreben nach Licht, Luft und Sonne fördern, massstabsgerecht dimensioniert sein und ausreichende sportliche Betätigung erlauben. Im Marzili fand für Bern erstmalig auch die architektonische Verbindung der Schulzimmer mit dem Aussenraum in sog. Freiluftklassen statt.

Eine Umnutzung oder (Teil-)Überbauung war in den Augen der Gutachter letztendlich undenkbar. Nach Kenntnis beider Gutachten verzichteten Stadt und Kanton auf eine Umwidmung und Überbauung des Areals.

Auftraggeber / Bauherr

Stadtplanungsamt Bern

Projektdaten

2009: Schutzwertbeurteilung

Zusammenarbeit

Bureau Karin Zaugg, Biel